Geschichte der Gemeinde

Kirchengemeinde Walsdorf, Dekanat Bamberg

1. Kurzer geschichtlicher Überblick
Walsdorf ist, mit kurzer Unterbrechung im 30-jährigen Krieg, seit rund 500 Jahren eine evangelische Insel in katholischem Umfeld.
Das Dorf wurde evangelisch ab 1524: Wolf von Crailsheim, der Walsdorf in diesem Jahr erworben hatte, war der Reformation sehr zugetan. Er gehörte zu den Bewachern Luthers auf dem Weg nach Worms. Auch soll er an dem „Überfall“ und der „Entführung“ Luthers im Thüringer Wald beteiligt gewesen sein. Folglich wurde in seinen Besitztümern die Reformation eingeführt. Die Patronatsherrschaft derer von Crailsheim bestand bis 1964.
Bis 1807 war Walsdorf auch die zuständige Gemeinde für alle evangelischen Christen in ganz Bamberg.
Die aus dem 12. Jahrhundert stammende Kirche prägt das Ortsbild. Sie erhielt ihre jetzige Innenausstattung in den Jahren 1701 – 1759.Dabei funktionierte damals schon eine praktische, handwerkliche Ökumene: Der Altar wurde von dem Bamberger Bildhauer und Architekten Leonhard Gollwitzer 1729 geschaffen, der in Zusammenarbeit mit dem Burgebracher Schreiner Georg Neser auch die Kanzel errichtete.

Zurzeit hat die Kirchengemeinde Walsdorf rund 1700 Mitglieder. Es gehören zu ihr 14 Ortschaften. Hauptort ist neben Walsdorf Burgebrach. Regelmäßige Gemeindegottesdienste finden in der Kirche in Walsdorf und in der Kapelle im Seniorenheim St. Vitus in Burgebrach statt.

Walsdorf hat auch eine jüdische Geschichte, die leider 1938 zu Ende ging. Noch heute befinden sich die Synagoge, die nunmehr in Privatbesitz ist, im Ort sowie ein jüdischer Friedhof am Ortsrand.

2. Evangelisch in katholischer Umgebung
Nachdem Walsdorf evangelisch geworden war, begann ein etwa hundertjähriger Konflikt zwischen dem Bistum Bamberg und deren von Crailsheim. Die Crailsheimer Herrschaft setzte protestantische Geistliche ein. Der Bamberger Bischof versuchte seinerseits die Besetzung Walsdorfs mit einem katholischen Priester zu erzwingen. Es gab gegenseitig Vorwürfe. Der evangelische Pfarrer wurde in Bamberg verhaftet; der im Gegenzug eingesetzte katholische Pfarrer wurde vertrieben. Es gab eine Verleumdungskampagne gegen den Standesherrn. Schließlich wurde Walsdorf von 200 würzburgischen Musketieren besetzt, und es wurde wieder ein katholischer Pfarrer eingesetzt. Die Herren von Crailsheim wurden enteignet. Der evangelische Gottesdienst fand nun im Schloss statt.
Nachdem 1628 die Kirche gewaltsam aufgebrochen wurde, erlebte der Ort eine „starke bewehrte Einquartierung“ von bis zu 12 Mann in einem Haus. Mancher Einwohner kam in Beugehaft. 1628 – 1649 blieb Walsdorf offiziell katholisch. Nach dem Westfälischen Frieden erhielten die von Crailsheim Walsdorf zurück. Walsdorf wurde wieder evangelisch und blieb es fortan.
Nach dem 30-jährigen Krieg zogen Exulanten aus Österreich, meist waren es Salzburger, durch Walsdorf. Sie wurden von Pfarrer, Kantor und Schulkindern an der Gemeindegrenze abgeholt und mit Gesang und Gebet ins Dorf geleitet.

3. War Martin Luther in Walsdorf?
Davon wissen zwei Legenden zu berichten. Diese sind allerdings historisch nicht zu verifizieren.
Am Ortsausausgang von Burgebrach befindet sich eine alte Marter. Auf ihr sind die beiden Jahreszahlen 1512 und 1562 zu erkennen, ebenso die Umrisse einer menschlichen Figur auf der Rückseite. In der Phantasie der Menschen wurde diese Figur zu einem Bild für Martin Luther. So sagt man, dass Martin Luther in Burgebrach seine neue Lehre verkündigen wollte. Die Ortsbewohner aber wollten das nicht. Sie vertrieben ihn und bewarfen ihn mit Steinen. Daraufhin habe sich Luther auf den Weg nach Walsdorf gemacht und sei hier auf offene Ohren für seine Lehre gestoßen.
Die Figur auf der Steinsäule sei deshalb so unkenntlich geworden, weil die Ortsbewohner ihrem Groll auf Luther durch Steinwürfe auf das Bild Luft gemacht und das Bildnis damit beschädigt haben.

Eine andere Legende rankt sich ebenfalls um eine Martersäule. Diese befindet sich an der Straße von Bamberg nach Burgebrach. Auf ihr steht die Jahreszahl 1555. Luther soll den Bamberger Häckern seine Lehre verkündigt haben. Diese wollten aber ihrem alten Glauben treu bleiben und bewarfen Luther mit Steinen. Ein jüdischer Handelsmann kam zufällig des Wegs, nahm Luther mit nach Walsdorf und rettete ihn so vor seinen Verfolgern.


Literatur:
Walther Rösch, Walsdorf (Broschüre über Geschichte, Kirche und Ort, erschienen Ende der 1970er Jahre, vergriffen)
Gottlieb Honold: Walsdorf, Gemeinde an den nordöstlichen Ausläufern des Steigerwaldes, Walsdorf 2009 (Ausführliche Chronik des Ortes)

 

Ulrich Rauh, Pfarrer